Wieso ist Information kein Bürgerrecht?

In den letzten Tagen bin ich verschiedentlich zu meinem Treffen mit Pattensens Bürgermeisterin Ramona Schumann gefragt worden. Ich möchte deshalb an dieser Stelle betonen, dass dieses Treffen in freundlicher und sachlicher Atmosphäre verlaufen ist. Leider bot es inhaltlich aus meiner Sicht wenig Substanzielles. Denn Antworten habe ich auf die meisten meiner Fragen auch im persönlichen Gespräch nicht bekommen. Die Auffassung, dass Information ein Bürgerrecht ist, wird im Rathaus offensichtlich nicht vollumfänglich geteilt. Da es sich um ein Zwei+Vier-Augen-Gespräch handelte, kann ich an dieser Stelle nur meine Gesamteindrücke wiedergeben. Konkrete Aussagen wären nicht zitierfähig. Ich würde mich leicht dem Vorwurf aussetzen, Dinge falsch wiederzugeben oder gar Unwahheiten zu verbreiten. Das möchte ich natürlich vermeiden. Zwar habe ich mittlerweile eine Gesprächszusammenfassung erhalten, die ist jedoch in wesentlichen Teilen so allgemein gehalten, dass sie für Nichtgesprächsbeteiligte keine Aussagekraft besitzt.  

Zum Thema „Finanzen“ habe ich schriftlich: „die Kosten der Unterbringung und Leistungserbringung gehen zu Lasten der Region Hannover als Kostenträger für den Sozialbereich; die Stadt bucht direkt im Regionshaushalt“ und: „die Region Hannover trägt darüber hinaus zusätzliche Personalkosten im Bereich der Betreuung (Sozialarbeiterstellen) bei der Stadt Pattensen und den übrigen 19 Regionskommunen (außer der LHH)“. Damit sollte wohl der Eindruck erweckt werden, dass die Stadt Pattensen durch die Flüchtlingsproblematik nicht finanziell belastet wird. Dass die genannten Kosten aber nicht die einzigen sind, die in Pattensen im Zusammenhang mit Flüchtlingen entstehen, wurde mittlerweile aber auch durch den Beitrag in den Leine-Nachrichten „Bittere Zahlen für Pattensen“ vom 27.02. deutlich.

Zum Thema Unterbringung von „Flüchtlingen in Turnhallen“ habe ich schriftlich: „derzeit keine Rückmeldung potenzieller Betreiber, daher weder Belegungsgrößenordnung noch Zeitraum absehbar“. Gesagt wurde mir, dass die Überprüfung der Turnhallen ergeben hätte, dass man ca. 200 Personen in vier Turnhallen unterbringen könnte. Es ist offensichtlich, dass die Pläne der Stadt sich in diesem Bereich nicht geändert haben. Lediglich die Umsetzung scheint sich schwieriger zu gestalten, als angenommen. Man darf gespannt sein, wie seriös das Unternehmen sein wird, das letztlich den Zuschlag erhält. Denn der Markt der Unterkunftbetreiber scheint bereits weitgehend abgegrast zu sein. Und osteuropäische Dienstleister konkurrieren in diesem scheinbar finanziell äußerst lukrativen Geschäft zunehmend mit harten Bandagen. Das hat ja nicht zuletzt der „Handgranaten-Anschlag“ zu Tage gefördert, der zunächst einmal Fremdenfeinden zugeschrieben wurde, ehe er sich als Auseinandersetzung innerhalb der Sicherheits-/Betreiberbranche entpuppte. Auch die zuletzt bekannt gewordenen Übergriffe von Wachleuten gegenüber Flüchtlingen (muslimische Wachleute gegen christliche Flüchtlinge, männliche Wachleute gegen weibliche Flüchtlinge) lassen vermuten, dass es zumindest einige Betreiber bei der Personalauswahl an der gebotenen Sorgfalt fehlen lassen. Qualifiziertes Personal ist scheinbar mittlerweile selten und obendrein vergleichsweise teuer. In diesem Zusammenhang scheint es mir angebracht, daran zu erinnern, dass Stadtsprecherin Andrea Steding am 21. Januar in den Leine-Nachrichten angekündigt hatte, dass die Stadt vermutlich noch in derselben Woche mitteilen werde, welche Sporthallen künftig belegt würden und darüber hinausgehende Pläne zur Unterbringung vorstellen wolle. Seit dem sind mehr als sechs Wochen vergangen, ohne dass man dazu noch etwas vernommen hätte. Man lernt daraus einiges über die Ernsthaftigkeit der städtischen Ankündigungen.

Zu meinem Hinweis, dass ein hohes Maß an Informationen Gerüchten zuvorkommen und zur Versachlichung der Flüchtlingsdebatte beitragen würde, habe ich schriftlich den Satz: „kritische Betrachtung dieses Vorschlags angesichts der Erfahrungen, dass bei den bisherigen emotional geführten Diskussionen eine Versachlichung nicht akzeptiert wird“. Das finde ich persönlich (vorsichtig ausgedrückt) unerhört. Denn damit sagt Frau Schumann ja zwei Dinge. Erstens sieht die Stadt Pattensen keinen Sinn in der Bürgerinformation und zweitens ist daran der Bürger selbst schuld. Ich kann natürlich nur für mich sprechen. Aber exakt diese Art der Bevormundung scheint mir eine der wesentlichen Ursachen für die zunehmende Entfremdung von Bürgern und Politikern zu sein. Ich denke, dass vielen Bürgern angesichts fehlender Informationen nichts anderes übrig bleibt, als emotional zu reagieren. Und ich denke, dass es angesichts der anstehenden Herausforderungen gerade die Aufgabe der Politik ist, auch emotionale Reaktionen von Bürgern auf ihren sachlichen inhaltlichen Kern zurückzuführen und dann angemessen darauf zu reagieren. Und es gehört zu meiner Überzeugung, dass es in einer Demokratie nicht zu den Aufgaben von Politikern gehört, Bürgerinnen und Bürgern schulmeisterlich die Welt zu erklären (und ggf. Informationen vorzuenthalten, die beunruhigen könnten). Stattdessen ist es Aufgabe von Politikern, mit Informationen und Argumenten für die eigenen Positionen zu werben. Und der Bürger entscheidet dann, wer aus seiner Sicht die besseren Argumente hat. In sofern erleben wir in der Flüchtlingsfrage kein Bürgerversagen, wie uns manche – und scheinbar auch Frau Schumann vormachen wollen – sondern ein Politikversagen. Und leider muss ich davon ausgehen, dass meine Anregungen bezüglich einer FAQ-Seite zum Thema „Flüchtlinge“ im Internetangebot der Stadt Pattensen auf wenig fruchtbaren Boden gefallen sind. Dazu würde mir jetzt durchaus etwas Emotionales einfallen. Aber das verkneife ich mir an dieser Stelle.

Bild: © Jürgen Fälchle

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