Offener Brief an Bürgermeisterin Ramona Schumann

Nachdem seit dem 2. Dezember klar war, dass die Stadt Pattensen alle Turnhallen mit ausschließlich männlichen Flüchtlingen belegen würde, machte ich mich auf die Suche nach ergänzenden Informationen zur regionalen Flüchtlingsproblematik. Aber ich fand keine. Das Thema schien der Stadt keine weitere Information wert zu sein. Deshalb schickte ich am 8. Januar einen offenen Brief an Pattensens Bürgermeisterin Ramona Schumann.  

 

Sehr geehrte Frau Schumann,

im Dezember vergangenen Jahres war unter anderem in der Neuen Presse zu lesen, dass die Stadt Pattensen in 2016 mit erhöhten Zuweisungen von Flüchtlingen rechnet und deren Unterbringung in Ermangelung geeigneter Räumlichkeiten in den örtlichen Turnhallen plant. Die Calenberger Online News zitieren Sie mit der Aussage, die Frage sei nur, wann und in welcher Reihenfolge die Hallen belegt werden. Weiteren Berichten war zu entnehmen, dass kurzfristig geprüft werden sollte, wie geeignet die einzelnen Hallen dafür seien und in welcher Reihenfolge die Belegung erfolgen solle. Angesichts der offenkundigen Dringlichkeit dieser Aufgabe würde ich gerne wissen, zu welchen Erkenntnissen diese Überprüfung geführt hat.

  1. Welche Hallen sind Ihren Erkenntnissen zufolge für die Unterbringung geeignet?
  2. Wie viele Personen können Ihrer Ansicht nach in diesen Hallen untergebracht werden?
  3. In welcher Reihenfolge soll die Belegung erfolgen?
  4. Wann wird voraussichtlich die erste Halle belegt werden?

In der Ausgabe vom 10. Dezember berichtet Der Herold unter Berufung auf den Leiter des städtischen Fachbereichs Bürgerdienst, Jörg Laszinki, dass Pattensen im Durchschnitt zehn Personen pro Woche aufnehme. Die Calenberger Online News zitieren Sie mit der Aussage „Wir gingen bislang von einer Verdopplung für das kommende Jahr aus. Mittlerweile rechnen wir mit einer weiteren Steigerung“. Das würde dann einer aufzunehmenden Personenzahl von mehr als 20 pro Woche bzw. deutlich mehr als 1.000 im ganzen Jahr entsprechen. Da Medienberichten zufolge eine erste Sammelunterkunft für 200 Personen nicht vor Sommer fertiggestellt werden kann und ich nicht davon ausgehe, dass Sie in den wenigen zur Verfügung stehenden Hallen auch nur annähernd 1.000 Menschen unterbringen können, stellen sich mir die folgenden Fragen.

  1. Welche Pläne gibt es für die Unterbringung von weiteren Personen, nachdem die Kapazitäten der Turnhallen erschöpft sind?
  2. Welche langfristigen Pläne gibt es für den Fall, dass der Flüchtlingsstrom auch in 2017 nicht abrupt enden sollte?

In einer früheren Veröffentlichung der Leinetal Online News wurden Sie mit den Worten zitiert: „Wir fühlen uns bei der Bewältigung des Themas der Unterbringung von Flüchtlingen alleingelassen“. Und weiter heißt es dort: Ihre Kritik richtet sich an den Bund und das Land Niedersachsen. Bisher sei noch kein Geld geflossen, kritisierte sie. „Momentan müssen wir für alles selbst aufkommen.“ In diesem Zusammenhang würde ich gerne wissen:

  1. Welche Kosten entstanden der Stadt Pattensen durch die Unterbringung, Versorgung und Betreuung von Flüchtlingen in 2015?
  2. In welcher Höhe wurden diese Kosten von der Stadt Pattensen getragen und in welcher Höhe von Bund und Land?
  3. In welchem Umfang sind die von Bund und Land zugesagten finanziellen Mittel tatsächlich bereitgestellt worden?
  4. Welche Kosten werden der Stadt Pattensen durch die Unterbringung, Versorgung und Betreuung von Flüchtlingen voraussichtlich in 2016 entstehen?
  5. In welcher Höhe werden diese Kosten voraussichtlich von der Stadt Pattensen getragen und in welcher Höhe von Bund und Land?

Nach Angaben der Neuen Presse äußerten mehrere Zuhörer der Ortsratssitzung im Feuerwehrhaus in Hüpede Anfang Dezember 2015 Ihnen gegenüber Bedenken gegen die Anwesenheit einer größeren Zahl von Flüchtlingen in ihrem Ort. Eine Frau wird mit den Worten zitiert: „Ich habe wirklich Sorgen um die Mädchen“. Sie habe gehört, dass andernorts männliche Flüchtlinge die einheimischen Mädchen und Frauen belästigt hätten. Dem Beitrag zufolge hätten Sie mehrfach vergeblich nachgefragt, ob diese Behauptungen auch wirklich belegt seien. Diese Nachfragen dürften sich spätestens mit den traurigen Ereignissen in der Silvesternacht mit ungezählten Übergriffen auf Frauen in Köln, Hamburg, Stuttgart und weiteren Städten erübrigt haben. Selbstverständlich rechtfertigen diese Ereignisse keinesfalls die Vorverurteilung jener Personen, die sich als Flüchtlinge in Pattensen befinden bzw. künftig nach Pattensen kommen werden. Angesichts der Tatsache, dass Polizei und Politik eigenen Bekundungen zufolge von diesen Ereignissen vollkommen überrascht waren, rechtfertigen sie aber die Sorgen und Ängste, welche die oben zitierte Frau im Rahmen der Ortsratssitzung geäußert hat – zumal der Kölner Express in der gestrigen Ausgabe interne Einsatzberichte der Polizei zitierte, denen zufolge die Übergriffe auch von Flüchtlingen begangen wurden, die gerade erst nach Deutschland gekommen sind. Meine Fragen in diesem Zusammenhang:

  1. Halten Sie die Unterbringung von Flüchtlingen (nach Angaben der Neuen Presse ausschließlich männlichen Geschlechts) in Turnhallen auf Schulgeländen bzw. in unmittelbarer Nähe von Schulen nach den Silvester-Ereignissen weiterhin für eine vernünftige und den Eltern guten Gewissens zumutbare Entscheidung?
  2. Werden Sie nach den Silvester-Ereignissen an der Absicht festhalten, die Sicherheit in/an den Turnhallen ausschließlich durch Hausmeister mit ergänzenden Security-Aufgaben sicherzustellen?
  3. Gibt es darüber hinaus ein Sicherheitskonzept, das den Anwohnern der Turnhallen signalisieren könnte, dass ihre Sorgen, durch Anschläge rechter Gewalt auf die Sammelunterkünfte oder durch Auseinandersetzungen der Bewohner der Sammelunterkünfte rund um das Gebäude oder durch Handlungen à la Köln in Mitleidenschaft gezogen zu werden, ernstgenommen werden? Ist beispielsweise angedacht, die Polizeiwache in Pattensen auch in der Nacht zu besetzten, um bei Bedarf schneller vor Ort zu sein?

Bitte entschuldigen Sie die Länge meines Schreibens und die Vielzahl der darin gestellten Fragen. Ich versichere Ihnen, dass ich mich redlich bemüht habe, Antworten auf meine Fragen in den für mich zugänglichen Medien zu finden – leider vergebens. Deshalb hoffe ich nun, diese Antworten von Ihnen zu bekommen. Da ich davon ausgehe, dass die Beantwortung meiner Fragen auch für viele weitere Einwohner Pattensens von nicht unerheblichem Interesse ist, erlaube ich mir, dieses Schreiben ebenso an die regionalen Medien zu senden, wie ich ihnen Ihre Antwort zur Verfügung stellen werde.

Vielen Dank für Ihre Mühe.

Mit freundlichen Grüßen,

Bild: © Jürgen Fälchle

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